In jungen Jahren zu sparen ist der größte Fehler? Ein Plädoyer für Balance statt Extreme

„Es ist so ziemlich die schlechteste Entscheidung, in jungen Jahren zu sparen.“
Diese Aussage vom Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, hat für ordentlich Zündstoff gesorgt. Klar, wenn jemand pauschal behauptet, Sparen sei schlecht, dann stehen bei vielen sofort die Alarmglocken auf Sturm. Besonders in der Finanz-Community, wo „früh anfangen“ und „langfristig investieren“ das Mantra schlechthin ist.

Aber lass uns mal einen Schritt zurücktreten und schauen, was wirklich hinter dieser Aussage steckt – und was du für deine persönliche Finanzstrategie daraus mitnehmen kannst.


Was hat Fratzscher wirklich gesagt?

Marcel Fratzscher sagte sinngemäß:

„Alles, was man ausgeben kann für Reisen, Zeit mit Freunden und die eigene Bildung, sollte man ausgeben.“

Das klingt im ersten Moment wie ein Freifahrtschein für YOLO-Ausgaben. Doch bei genauerem Hinsehen steckt da deutlich mehr drin als eine bloße Sparverweigerung. Er meint damit nicht, dass du dein Geld einfach verprassen sollst. Sondern dass du es bewusst investieren sollst – und zwar in dich selbst.


Sparen versus Leben: Ein falsches Entweder-oder?

Die Finanzwelt ist voller Dogmen. Spar so früh wie möglich, investiere diszipliniert, halte durch. Und ja – mathematisch betrachtet stimmt das auch: Wer mit 20 anfängt zu sparen, hat mit 50 ein deutlich größeres Vermögen als jemand, der erst mit 30 loslegt. Dank Zinseszins und Zeit. Das belegen auch einfache Rechenbeispiele:

👉 Sparst du 100 € im Monat bei einer angenommenen Rendite von 7 % jährlich über 30 Jahre, kommst du auf rund 122.000 €.
👉 Beginnt man erst fünf Jahre später, sind es nur noch 81.000 €.
👉 Nach 20 Jahren sind’s sogar nur noch etwa 52.000 €.

Mathematik lügt nicht – aber sie erzählt auch nicht die ganze Geschichte.


Geldanlage soll dein Leben nicht behindern

Denn was diese Rechnung nicht berücksichtigt: Dein Leben. Deine Erfahrungen. Deine Entwicklung. Deine Bildung. Deine Beziehungen.

Wenn du dich in deinen Zwanzigern nur darauf konzentrierst, möglichst viel Geld zu sparen und investierst, aber dabei auf Reisen, Austausch mit Freunden und persönliche Weiterentwicklung verzichtest – dann optimierst du dein Leben auf eine einzige Kennzahl: Vermögensaufbau.

Aber was ist dein Ziel im Leben? Ein fettes Depot oder ein erfülltes Leben? Idealerweise geht beides. Aber wenn es in jungen Jahren um Prioritäten geht, ist es nicht falsch, die Weichen für später zu stellen – auch wenn das erstmal bedeutet, ein paar Jahre nicht zu sparen.


Humankapital schlägt Depotstand

Ein Punkt, der in Finanzdebatten oft viel zu kurz kommt: Dein Humankapital. Also deine Fähigkeit, durch Wissen, Fähigkeiten und Netzwerk Einkommen zu generieren.

Ein Masterstudium, eine Weiterbildung, ein Auslandsaufenthalt oder ein Praktikum bei einem coolen Unternehmen – all das kostet vielleicht Geld oder bringt erstmal kein Einkommen. Aber langfristig kann es sich massiv auszahlen. Und zwar nicht nur emotional, sondern auch finanziell.

Ein Beispiel:

👉 Du sparst in deinen Zwanzigern 100 € im Monat → 1200 € im Jahr → in 5 Jahren also 6.000 €.
👉 Wenn du stattdessen in deine Weiterbildung investierst, bekommst du nach dem Studium vielleicht ein Jobangebot mit 250 € mehr netto im Monat.
👉 Diese 250 € kannst du dann locker sparen – und bist in wenigen Jahren finanziell weiter, als du es mit dem frühen Sparen je gewesen wärst.

Das zeigt: Investieren in dich selbst bringt oft mehr Rendite als jeder ETF-Sparplan.


Erfahrungen sind nicht verhandelbar

Ein Punkt, der mir persönlich besonders wichtig ist: In jungen Jahren sammelst du Erfahrungen, die du später nicht nachholen kannst. Backpacking durch Südostasien, ein Semester in Kanada, verrückte WG-Partys, spontane Roadtrips mit Freunden – all das formt dich, öffnet deinen Horizont und prägt dein Leben.

Ja, natürlich kannst du auch mit 40 reisen. Aber du reist anders. Mit mehr Komfort, mehr Geld – aber vielleicht weniger Spontanität und Neugier. Und wahrscheinlich mit weniger Zeit.

Zeit ist deine wertvollste Ressource – und in jungen Jahren hast du davon oft mehr als Geld. Warum also nicht genau das nutzen?


Die goldene Mitte: Bildung, Erlebnis und Sparplan

Der beste Weg ist wie so oft nicht das eine Extrem oder das andere. Es geht nicht darum, entweder alles zu sparen oder alles zu verprassen. Es geht um Balance.

Du kannst mit kleinen Beträgen anfangen zu investieren – einfach, um ein Gefühl für den Kapitalmarkt zu bekommen. Ein ETF-Sparplan mit 25 € im Monat tut niemandem weh, aber gibt dir ein gutes Fundament und Routine.

Gleichzeitig solltest du bewusst in deine persönliche Entwicklung investieren: Bücher, Kurse, Reisen, Kontakte. Das zahlt sich doppelt aus – für dein Glück und deinen Geldbeutel.

Und ganz wichtig: Setz dich nicht unter Druck. Nur weil andere auf Social Media mit 24 schon 5-stellige Depots zeigen, heißt das nicht, dass du versagt hast, wenn du „nur“ reist und studierst.


Der Vorteil der frühen Auseinandersetzung

Einer der größten Vorteile, früh mit dem Thema Geld anzufangen, ist nicht der Depotstand – sondern die Erfahrung und das Selbstbewusstsein, das du dir aufbaust. Wenn du als Student:in schon verstehst, wie Börse, ETFs und Diversifikation funktionieren, bist du nach deinem Berufseinstieg direkt startklar.

Das ist ein echter Vorteil – nicht nur finanziell, sondern auch mental. Du brauchst dann keine Einführungsphase mehr, sondern kannst sofort größere Beträge zielgerichtet anlegen.

Und selbst wenn du in der Studienzeit nur ein paar Euro investieren kannst: Das Wissen, das du dabei aufbaust, ist unbezahlbar.


Die Lifestyle-Falle vermeiden

Gleichzeitig solltest du aber auch aufpassen, nicht in die andere Extremfalle zu tappen: dem Konsumwahn und Lifestyle-Inflation. Es bringt nichts, alle Erfahrungen dieser Welt zu sammeln, wenn du dich dabei permanent verschuldest oder niemals lernst, mit Geld umzugehen.

Mach’s dir bewusst: Du musst nicht jede Reise machen, nicht jedes Trend-Gadget haben, nicht jede Party mitnehmen. Erfahrungen sind wichtig – aber auch hier gilt: Qualität vor Quantität.

Und sobald du merkst, dass du ein bisschen finanziellen Spielraum hast: Fang an. Nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung.


Fazit: Sparen ist kein Fehler – aber Prioritäten setzen ist klug

Also: Ist es wirklich die schlechteste Entscheidung, in jungen Jahren zu sparen?

Nein. Aber es kann ein Fehler sein, das Sparen über alles zu stellen.

Dein Leben ist mehr als dein Depot. Bildung, Freundschaften, Erlebnisse – all das lässt sich nicht in Euro messen, aber zahlt sich aus. Manchmal sogar viel mehr als jeder ETF.

Deshalb mein Appell an dich:
👉 Fang ruhig mit kleinen Beträgen an zu investieren – für die Übung und die Gewohnheit.
👉 Aber hab kein schlechtes Gewissen, wenn du dein Geld für sinnvolle Dinge ausgibst.
👉 Investiere in dich, deine Bildung, dein Netzwerk.
👉 Halte den Kontakt zu Menschen, die dich inspirieren und weiterbringen.
👉 Und genieße dein Leben – nicht irgendwann, sondern jetzt.

Denn ein erfülltes Leben ist die beste Rendite überhaupt.


Was denkst du dazu? Sparst du schon regelmäßig – oder lebst du bewusst mehr im Jetzt? Schreib es mir in die Kommentare – ich bin gespannt auf deine Sicht!

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