Die Investmentbranche preist das Konzept des langfristigen Vermögensaufbaus durch Zinseszinsen als eine fast magische Strategie an. Doch viele dieser Versprechungen sind irreführend und lassen wichtige Risiken unerwähnt. In diesem Artikel erkläre ich die Fakten, die dir oft nicht erzählt werden, und zeige, warum die Macht des Zinseszinses nicht ganz so groß ist, wie oft behauptet und wie du ihn bestmöglichst nutzt.
1. Finanzprodukte sind gemacht, um verkauft zu werden
Die Investmentbranche entwickelt Finanzprodukte nicht primär, um Anleger zu bereichern, sondern um ihre Produkte zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. Es werden oft die Vorteile in den Vordergrund gerückt und die Nachteile verschwiegen. Viele Finanzprodukte sind mit Gebühren und versteckten Kosten verbunden, die die langfristige Rendite erheblich beeinflussen können. Von Finanzberatern werden oft aktiv gemanagte Fonds verkauft, mit dem Argument dass Profis sich um die Komposition des Portfolios kümmern und nur die vielversprechendsten Aktien aufnehmen. Unerwähnt bleiben die hohen Kosten bis zu2.5% pro Jahr und die oft unterdurchschnittliche Langfristrendite, die kaum die hohen Gebühren rechtfertigt.
2. Der Zinseszins ist nicht das siebte Weltwunder – die unsichtbare Gefahr der Inflation
Angenommen, du startest mit 10.000 € und investierst weitere 10.000 € pro Jahr mit einer durchschnittlichen Rendite von 7 % jährlich. Nach 30 Jahren würdest du erwarten, dass dein Vermögen über 1 Million Euro beträgt. Doch wenn du eine Inflation von 3 % pro Jahr annimmst, verliert dieses Vermögen an realer Kaufkraft und entspricht in heutigen Preisen nur noch etwa 593.280 €. Das zeigt, dass der Zinseszins nicht so mächtig ist, wie oft behauptet wird. Oft wird dieser Effekt bei Beispielrechnungen oder Prognosen unterschlagen.
3. Die zerstörerische Wirkung von Gebühren
Auch geringe Verwaltungsgebühren können über Jahrzehnte hinweg drastische Auswirkungen auf dein Vermögen haben. Zum Beispiel:
- Eine Verwaltungsgebühr von nur 0,1 % kann die Gesamtrendite leicht um mehrere Tausend Euro schälern.
- Bei einer Gebühr von 0,5 % oder mehr schrumpft das Endvermögen noch schneller.
Viele aktiv verwaltete Fonds erheben jedoch weitaus höhere Gebühren, die oft zwischen 1 % und 2 % pro Jahr liegen. Diese Kosten fressen einen erheblichen Teil der Rendite auf.
In unserem Beispiel mit 7% Rendite pro Jahr und 3% Inflation würde man bei einer Verwaltungsgebühr von 1% nach 30 Jahren nicht mehr bei 594280 € landen, sondern nur bei 544295 €. Ziemlich genau 50.000€ fallen also über die Zeit als Verwaltungsgebühr an!
4. Anleger verhalten sich oft irrational
Der größte Risikofaktor sind oft nicht die Märkte selbst, sondern unüberlegte Entscheidungen der Anleger. In Zeiten von Krisen neigen viele dazu, ihre Anlagen zu verkaufen, um Verluste zu vermeiden. Doch genau das führt oft zu größeren Verlusten:
- Ein Anleger hat über zehn Jahre hinweg 135.000 Euro angespart.
- Ein Börsencrash (wie 2022) löst einen Wertverlust von 20 % aus, was einen Verlust von 27.000 Euro bedeutet.
- Viele Anleger verkaufen in solchen Momenten aus Panik und realisieren Verluste, anstatt die Markterholung abzuwarten.
- Statsitisch gesehen steigen die meisten dann viel zu spät wieder ein, erst nachdem der erneute Aufwärtstrend schon eingesetzt hat und lassen wichtige Rendite liegen.
Dieses emotionale Verhalten kann die langfristige Rendite erheblich reduzieren und ist einer der Hauptgründe, warum viele Anleger schlechter abschneiden als die Märkte selbst. Bei langfristigen Geldanlagen mit einem breit diversifizierten Depot (über verschiedene Industrien, Längen, Unternehmensgrößen, usw.) ist es in aller Regel besser im Markt zu bleiben, anstatt gute Ein- und Ausstiegspunkte zu finden.
5. Steuern fressen zusätzliche Rendite
Selbst bei einer langfristigen Investmentstrategie, entstehen durch Umschichtungen und Gewinnausschüttungen steuerliche Belastungen – “Hin und her macht Taschen leer”:
In Deutschlang liegt die Kapitalertragssteuer zwischen 26,375 % (inkl. Soli) und 27,9951 % (inkl. Soli und Kirchensteuer). Berücksichtigt man diese nicht in seiner Prognose führt das zu einer zu hohen Erwartungshaltung und Enttäuschung.
6. Das Risiko der Reihenfolge der Renditen
Die Reihenfolge der Renditen (Sequence-of-Returns-Risk) hat eine große Bedeutung für den langfristigen Vermögensaufbau:
- Hohe Gewinne in den letzten Jahren vor dem Ruhestand helfen enorm, da das Vermögen bereits groß ist.
- Verluste in späteren Jahren können hingegen katastrophal sein, da sie einen erheblichen Teil des angesparten Vermögens vernichten.
Beispiel:
- Ein Anleger hat nach 25 Jahren 800.000 Euro angespart.
- Ein Jahr mit +30 % Rendite in dieser Phase kann den Weg zur Million über Nacht verkürzen.
- Umgekehrt kann ihn ein Jahre mit -30 % wieder auf knapp über eine halbe Million zurück werfen.
Das Problem: Niemand kann vorhersagen, wann positive oder negative Renditen auftreten. Dadurch wird das langfristige Investieren zu einem Stück weit von Glück und Geduld bestimmt.
7. Fazit: Die Investmentbranche verkauft eine trügerische Illusion
Die Finanzindustrie stellt den Zinseszins oft als eine garantierte Erfolgsgeschichte dar. Doch die Realität ist, dass viele Faktoren – Inflation, Gebühren, Steuern, emotionales Verhalten und die Reihenfolge der Renditen – den tatsächlichen Vermögensaufbau erheblich beeinflussen.
Was bedeutet das für dich?
- Sei dir bewusst, dass du langfristig Rendite erwarten kannst, diese aber kurzfristig stark schwanken und auch ins negative schwingen kann. Die oft erwarteten 7% sind möglich, wenn du einen Anlagehorizont von 15 Jahren oder länger hast.
- Halte die Kosten so niedrig wie möglich (z. B. durch passive ETFs).
- Investiere diszipliniert und vermeide Panikreaktionen.
- Berücksichtige Steuern und Inflation in deiner Finanzplanung.
- Akzeptiere, dass Glück eine Rolle spielt, dieses aber mit viel Zeit und Geduld immer weniger zum tragen kommt.
Letztendlich ist das erfolgreiche Investieren komplexer, als die Finanzbranche es gerne darstellt. Ein langfristiger und ruhiger Blick auf die Märkte hilft, kurzfristige Schwankungen auszuhalten. Achtest du gleichzeitig noch auf anfallende Kosten, wirst du langfristig erfolgreich sein. Teile deine Gedanken dazu gerne in den Kommentaren!
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